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Autofreier Sonntag 1973 (1)

Editorial

Als die Schweiz zum Stillstand kam

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Epilog

Das letzte Wort

Geschätzte Leserinnen und Leser

Die vierte Ausgabe unseres Jubiläumsmagazins steht ganz im Zeichen der grossen Zeitenwende Anfang der 1970er-Jahre.

Wirtschaftlich hätte es der Schweiz und der HGC ab 1960 nicht besser gehen können. Die Prognosen zeigten über ein Jahrzehnt lang nur in eine Richtung: steil nach oben. In der Schweiz wurde gebaut wie wild. Strassen, Tunnels, Brücken, Staudämme, Kläranlagen, Mietwohnungen. Einfamilienhäuser. Der HGC ging es gut wie nie!

Die industrielle Produktion und vor allem die Bautätigkeit waren hierzulande so hoch, dass aufgrund des Fachkräftemangels billige Arbeitskräfte aus dem Ausland ins Land geholt wurden. Tausende von jungen Männern, vorwiegend aus dem Süden Italiens, folgten dem Lockruf aus dem Norden, obwohl die meisten in der Schweiz gesellschaftlich stark benachteiligt wurden und nur einen Teil des Jahres im Land bleiben durften.

Giuseppe «Beppi» Ranieli war einer dieser jungen Italiener, die Ende der 1960er-Jahre den Weg aus dem Mezzogiorno in die Schweiz fanden und hier als Hilfskräfte eingesetzt wurden. Aufgrund seines jugendlichen Alters hatte er – im Gegensatz zu vielen seiner Landsleute – eine Aufenthaltsbewilligung erhalten.

Seine erste Berufsstation war eine Ostschweizer Möbelfabrik gewesen. Später machte Beppi bei einem weiteren Arbeitgeber die Lastwagenprüfung. So kam er schliesslich als Chauffeur zur HGC St. Gallen, wo er anschliessend mehr als vierzig Jahre lang blieb und sich zum Schalterbeamten, Disponenten und Einkäufer hocharbeitete. 

Heute geniesst Beppi in der Agglomeration von St. Gallen seinen wohlverdienten Ruhestand und kann sich längst nicht mehr vorstellen, nach Italien zurückzukehren. Doch sein Leben hätte auch ganz anders verlaufen können. Denn im Herbst 1973, auf dem absoluten Höhepunkt des Wirtschaftsbooms, war die Blase geplatzt.

Der Ölpreisschock zeigte dem Westen erstmals und auf drastische Weise seine wirtschaftliche Abhängigkeit von den erdölproduzierenden Ländern vor allem aus Arabien, welche die Energiemengen und -preise nach Gutdünken verändern konnten (und das auch taten, indem sie damals schlicht und einfach den Hahn zudrehten...).

Die Auswirkungen auf die Schweiz waren gravierend: Die Energiepreise gingen durch die Decke, die Teuerung stieg massiv an. Überproduktionen vor allem im Bauwesen wurden sichtbar. Das Überangebot an Wohnraum war enorm. Krampfhaft wurde versucht, die Inflation zu bekämpfen. Die Bautätigkeit erlebte praktisch einen kompletten Stillstand. Die ersten, die auf der Strasse landeten, waren die Landsleute von Giuseppe Ranieli, die nur über den Saisonnierstatus verfügten. Doch auch der Rest der Bevölkerung blieb von der Rezession nicht verschont.

Nur wenige Wochen vor dem grossen Knall war die HGC noch auf dem absoluten Höhepunkt ihres Erfolgs und ihrer Macht gewesen. Die Feier zum 75-Jahr-Jubiläum, das diesen Erfolg unterstreichen sollte, war bereits auf Hochtouren angelaufen. Der Bundespräsident hatte für die Festrede zugesagt, die Crème de la Crème der damaligen Unterhaltungsbranche war gebucht. Was jetzt?

Nun, die HGC liess sich die Butter bekanntlich nicht mehr vom Brot nehmen. Das Fest wurde durchgeführt, mit Pomp und Getöse. Und es wurde ein voller Erfolg, wie uns noch heute all jene sagen, die dabei gewesen sind. Gleichzeitig zeigt diese Episode aber auch, wie fragil das an sich äusserst solide Baugeschäft sein kann. Und dass wir uns heute, also genau 50 Jahre später, in einer ähnlichen Situation befinden – wenn auch unter etwas anderen Vorzeichen.

Aber lesen Sie selbst, wie sich die Welt, die Schweiz und die HGC zwischen 1960 und 1979 entwickelten, wie es nach den autofreien Sonntagen weiterging und welche Lehren man allenfalls aus damals für heute ziehen könnte. Viel Spass!

Ihr HGC-Redaktionsteam

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