Mit dem Ausbruch des Zweiten Weltkrieges schlitterte die Menschheit in ihre bislang grösste Katastrophe. Mitten in diesem Grauen versuchte die zeitweise von den Achsenmächten komplett umzingelte Schweiz, während der Kriegsjahre so gut wie möglich über die Runden zu kommen. Die Schweiz blieb, als eines der wenigen Länder Europas, von Kriegshandlungen oder gar einer Besetzung verschont, stand aber am Kriegsende als willige Helfernation von Nazideutschland da, die sich nur durch Reparationszahlungen aus ihrer Isolation befreien konnte. Die Nachkriegszeit war vor allem in den 1950er-Jahren stark geprägt von einer beispiellosen wirtschaftlichen Entwicklung, die auch der Schweiz sehr zugute kam.
Angesichts der aufziehenden Kriegsgefahr hatte die Schweiz bereits ab 1937 ein Netz von Grenzbefestigungen und im Landesinnern mehrere Verteidigungslinien errichtet. Am 30. August 1939, nur zwei Tage vor dem Überfall Nazi-Deutschlands auf Polen vom 1. September 1939, welcher den Zweiten Weltkrieg auslösen sollte, wurde Henri Guisan (1874–1960) vom Parlament zum Oberbefehlshaber der Schweizer Armee gewählt. Bereits am zweiten Kriegstag wurden in der Schweiz gegen 450'000 Soldaten und rund 10'000 weibliche Hilfskräfte vom sogenannten militärischen Frauenhilfsdienst zum Aktivdienst aufgeboten.
Obwohl die Schweiz während des gesamten Zweiten Weltkrieges weder angegriffen noch besetzt wurde, war das wirtschaftliche, gesellschaftliche und auch politische Leben jedoch auch hierzulande stark vom Krieg betroffen, insbesondere weil die Schweiz zeitweise vollständig von den Achsenmächten (Deutschland und Italien sowie das von Deutschland fast gänzlich besetzte Frankreich und das «ins Reich heimgekehrte» Österreich) umschlossen war und der Handel mit lebenswichtigen Gütern dadurch stark eingeschränkt war.
Die Regierung und die Armeeführung versuchten deshalb, die Neutralität und Souveränität zu wahren, ohne eine der Kriegsparteien zu brüskieren. Gleichzeitig begann man mit dem Bau des Réduits, um sich bei Gefahr eines Überfalls (es gab 1940 Pläne Deutschlands, das zu tun) in die «Alpenfestung» zurückzuziehen. Da die Deutschen während des Krieges ihre für Einkäufe im neutralen Ausland benötigten Devisen grösstenteils über Schweizer Banken beschafften, blieb der Schweiz bis Kriegsende das Schicksal einer Invasion oder Okkupation erspart. Sie wurde aber nach dem Krieg von den Siegermächten der Zusammenarbeit mit den Nationalsozialisten beschuldigt.
Schwierige Versorgungslage und strenge Rationierungsmassnahmen
Das Hauptproblem der Schweiz blieb während des ganzen Kriegs die Versorgung mit lebensnotwendigen Gütern. Das Land verfügte praktisch über keine eigenen Rohstoffe und musste alles importieren. Als Binnenland hatte die Schweiz, obschon sie über eine eigene (kleine) Handelsflotte verfügte, auch keinen eigenen Zugang zum Meer und musste deshalb Kohle, Kautschuk, Erz etc. durch die von den Achsenmächten besetzten Gebiete transportieren. Diese Versorgungswege waren insbesondere in den späten Kriegsjahren äusserst unsicher.
Einfahrt der Calanda am 5. Mai 1941 in den Hafen von Lissabon (Bild: Annemarie Schwarzenbach).
Die wenigen verfügbaren ausländischen Rohstoffe wurden von Beginn des Krieges an streng rationiert und flossen vorwiegend in die Rüstungsindustrie. Diese expandierte im Verlauf des Krieges stark und belieferte nicht nur die Schweizer Armee mit immer besserem Material, sondern produzierte auch moderne Panzer- und Fliegerabwehrkanonen sowie Maschinengewehre für die Ausfuhr in Kriegsgebiete.
Die «Anbauschlacht» sorgte für ausreichend Grundnahrungsmittel
Die sogenannte «Anbauschlacht» sorgte dafür, dass es im ganzen Krieg nie an Grundlebensmitteln fehlte. Dazu wurden alle verfügbaren Grünflächen und Sportplätze zu Getreide- und Kartoffelfeldern umgenutzt. Infolge des Benzin- und Gummimangels kam der damals ohnehin noch bescheidene Automobilverkehr praktisch vollständig zum Erliegen. Der Bund unterstützte zwar die Produktion von Ersatztreibstoffen für Motorfahrzeuge. Diese konnten die ausbleibenden Erdöllieferungen allerdings bei Weitem nicht wettmachen.
Bereits am zweiten Kriegstag wurden fast eine halbe Million Schweizerinnen und Schweizer zum Wehrdienst einberufen.
Die Mobilität auf Schienen blieb während der Kriegsjahre praktisch vollständig intakt: Weil die Schweiz keine eigenen Kohlevorräte hatte und der damalige Trend stark in Richtung Stromkraft zeigte, war bereits 1918 mit der Elektrifizierung des Bahnnetzes begonnen worden. Zur Stromerzeugung wurden in den Bergen und an den Flüssen zahlreiche neue Wasserkraftwerke gebaut. Dies führte dazu, dass bis zum Kriegsende praktisch alle Eisenbahnverbindungen elektrifiziert waren.
Eine erstaunliche Entwicklung in den Kriegsjahren nahmen die Bundesfinanzen: Von 1938 bis 1944 stiegen die Einnahmen von knapp 600 Millionen auf 1,6 Milliarden Franken, was mit grosser Wahrscheinlichkeit auf die Konjunktur der Rüstungsindustrie zurückzuführen war. Schwieriger zu erklären ist die gleichzeitige «Explosion» der Bundesausgaben von gut 600 Millionen auf fast 2,6 Milliarden Franken (was bis 1960 nicht mehr übertroffen werden sollte), und dies bei einem gleichzeitig sprunghaften Anstieg der Verschuldung des Bundes von 2 auf 6,7 Milliarden Franken.
Sicherlich spielte auch hier der Rüstungsbedarf der Armee eine Rolle – aber mit grosser Wahrscheinlichkeit auch der Erwerbsersatz für die vielen Soldaten, die während des Kriegs Militärdienst leisteten.
Die Nachkriegszeit
Die Schweiz war nach dem Sieg der Alliierten aussenpolitisch fast völlig isoliert. Die Siegermächte betrachteten die Schweizer als «Kriegsgewinnler», die mit den Nazis kooperiert hatten. Mit dem Abkommen von Washington willigte die Schweiz 1946 ein, den USA 250 Millionen Franken zu zahlen. Im Gegenzug wurden Schweizer Konten entsperrt und eine «Schwarze Liste» gelöscht, auf der Schweizer Unternehmen standen, die während des Kriegs mit Deutschland Geschäfte gemacht hatten.
Nach dem Krieg profitierte die heimische Wirtschaft stark davon, dass die Schweiz als eines der wenigen westeuropäischen Länder im Krieg praktisch keine materiellen Schäden erlitten hatte. Zudem erwarb sich die Bankenbranche in diesen Jahren international den Ruf, stabil, seriös, diskret und sicher zu sein. Dies führte – insbesondere aufgrund des Bankgeheimnisses – dazu, dass viele Gelder in der Schweiz angelegt wurden.
Von dieser Gesamtentwicklung profitierte auch die Schweizerische Binnenwirtschaft und hier selbstverständlich die für das Land enorm wichtige Bauwirtschaft (und mit dieser natürlich auch die HGC).
Quelle: Wikipedia
Dank dem Bankgeheimnis flossen nach dem Krieg enorme Geldflüsse in die Schweiz.