Die allgemeine Mobilmachung im September 1939 unterbrach die Bautätigkeit, die sich in den letzten Vorkriegsjahren dank der Massnahmen zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit sowie der baulichen Vorkehrungen für die Landesverteidigung wieder etwas erholt hatte.
Der Rückschlag traf die HGC jedoch nicht unvorbereitet. Die vergangenen Krisenjahre hatten sie gezwungen, überall nach Einsparungen und Betriebsverbesserungen zu suchen. Und obgleich ein beträchtlicher Teil der Angestellten einrücken musste und fast der ganze Wagenpark für militärische Zwecke requiriert wurde, konnte der Betrieb bis zur zweiten allgemeinen Mobilmachung vom 10. Mai 1940 ohne wesentliche Störungen weitergeführt werden. Die Einschränkungen im Treibstoffverbrauch erschwerten allerdings recht bald die Belieferung der Mitglieder und die persönlichen Kundenbesuche.
Das Hauptgewicht der Bautätigkeit lag wieder bei den Tiefbauarbeiten und den Arbeiten für die Landesverteidigung. Ein nicht unerheblicher Teil davon wurde durch die Truppe ausgeführt. Nach einem Abkommen mit dem Geniechef der Armee gingen die Zementlieferungen über den Baumaterialienhandel. Die Verdienstmarge war wohl stark eingeschränkt, doch wurde der Geschäftsumsatz der HGC damit von 21.7 Millionen Franken anno 1939 auf 22.4 Millionen im Jahre 1940 bescheiden gehoben.
Die veränderten und erschwerten Verhältnisse bei den Einfuhren führten recht bald zu einem Anstieg der Baumaterialienpreise; für Steine, Bindemittel und verschiedene Nebenprodukte bewilligte die eidgenössische Preiskontrollstelle im Laufe des Jahres erhöhte Verkaufspreise. Die Zementpreise stiegen im Einklang mit der Entwicklung der Kohlenpreise.
1941 belebte sich die Bautätigkeit wieder etwas, was sich auch auf den HGC-Umsatz auswirkte, der auf knapp 31 Millionen Franken anstieg. Neben zahlreichen Um- und Neubauten der Industrie kam an verschiedenen Orten der Wohnungsbau wieder vermehrt zum Zuge. Auch wurde im ganzen Lande mit den in grossem Umfang projektierten Meliorationen begonnen. Die mit der eingeführten Baueisenrationierung verbundene Einschränkung des Eisenbetonbaus führte zu einem entsprechenden Mehrverbrauch an Mauersteinen und hydraulischem Kalk.
1942 musste als Folge der verminderten Kohleneinfuhr die für das Baugewerbe fühlbarste kriegswirtschaftliche Massnahme getroffen werden: die Rationierung des Portlandzements.
Die Teuerung auf Baumaterialien betrug nun bereits durchschnittlich 37.5 Prozent. Für die Unkostensteigerung der HGC um 32.5 Prozent waren in erster Linie die starken Belastungen durch die Kriegsgewinnsteuer, die Ausrichtung von Teuerungszulagen sowie die für die Durchführung der zahlreichen kriegswirtschaftlichen Vorschriften vermehrten Personalausgaben verantwortlich zu machen.
Die Bautätigkeit bot auch in den folgenden Kriegsjahren ein ähnliches Bild: Arbeiten für die Landesverteidigung, Erstellen von Schutzräumen für den passiven Luftschutz, Kraftwerk- und Strassenbauten sowie Meliorationen. In der Nähe von Industriezentren wirkte sich der Bau zahlreicher Kleinsiedlungen günstig aus.
An der Generalversammlung 1943 wurde weiteren bedeutenden Sozialwerken zugestimmt: der Lebens- und Hinterbliebenenversicherung für die Mitglieder und der Baugarantieversicherung. Namhafte Beträge waren zur Äufnung des Fonds bereits in den Jahren 1941 und 1942 aus dem Reingewinn zurückgestellt worden. Zur Sicherstellung des Kapitals wurde drei Jahre später der Fonds in eine Stiftung umgewandelt.
Trotz des Waffenstillstands in Europa verschlechterte sich im Jahre 1945 die Versorgung des Baumaterialienmarkts infolge des Wegfalls des grössten Teils der Importe aus Deutschland und den von ihm ehemals besetzten Ländern. Die kriegswirtschaftlichen Vorschriften mussten noch verschärft werden.
Als die Sektion Baustoffe des Kriegs-Industrie- und -Arbeits-Amt (K. l. A. A.) am 1. Dezember 1945 den Import von Portlandzement freigab, wurden von verschiedenen Importeuren sogleich Zemente aus England, Norwegen, Belgien und anderen Ländern angeboten, die aber wesentlich teurer waren als Schweizer Zement.
Die HGC verzichtete auf deren Ankauf. Dass sie damit richtig gehandelt hatte, zeigte sich schon zu Beginn des Jahres 1946, als die Schweizer Fabriken den Zementbedarf wieder zu decken vermochten.
Die übrigen Baumaterialien konnten jedoch, der gesteigerten Bautätigkeit entsprechend, nicht rasch genug und auch nicht in den erforderlichen Mengen geliefert werden. Für Backsteine, Kalksandsteine, Steinzeugröhren und sämtliche Isolier- und Bauplatten gab es mehrmonatige Lieferfristen. Wohl boten in der Regel die Importe Ersatz, doch die Preise waren für geringere Qualitäten wesentlich höher als für Inlandprodukte.
Die 1946 einsetzende Belebung der Schweizer Wirtschaft, die auch in einer Ankurbelung der Bautätigkeit zum Ausdruck kam, brachte neben der Vollbeschäftigung auch unerfreuliche Verhältnisse. Im Monat Mai zeigten sich die ersten Lieferschwierigkeiten beim Portlandzement. Um den Hamsterkäufen entgegenzutreten, sahen sich die Zementfabriken gezwungen, die Verteilung zu organisieren.
Wohl stieg die Verkaufssumme der HGC von 31.7 Millionen Franken anno 1945 auf Fr. 49.5 Millionen im Jahre 1946. Doch das folgende Jahr brachte eine ganz erhebliche Umsatzeinbusse, da der Verkauf von Backsteinen zu Vorzugsbedingungen an die Mitglieder in den Gebieten der Ostschweiz, der Zentralschweiz und in Basel, der seit 41 Jahren vertraglich geregelt gewesen war, durch die Zieglerorganisation aufgehoben wurde.
Der Wegfall von Bundessubventionen und fallende Preise erzeugten im Jahre 1950 zunächst eine Atmosphäre der Unlust im Baugeschehen. In der zweiten Jahreshälfte löste jedoch der zu bewältigende grosse Aufstau an Bauaufgaben eine neue Belebung aus.
Für die Backsteinlieferungen in die Gebiete Ostschweiz, Zentralschweiz und Basel wurde eine neue Regelung getroffen, und damit kamen die Mitglieder wieder in den Genuss der besonderen HGC-Konditionen. Der Jahresumsatz von 58 Millionen Franken bei einem Mitgliederbestand von 2090 war wieder recht zufriedenstellend.
1951 erreichte der Wohnungsbau einen ersten Nachkriegs-Rekordstand, obwohl der weitaus grösste Teil der Wohnungen ohne öffentliche Finanzhilfe erstellt wurde. Kraftwerkbauten, zusammen mit den dringlich gewordenen Bauvorhaben der Kantone und Gemeinden, führten trotz der Masshalteempfehlungen des Delegierten für Arbeitsbeschaffung ebenfalls zu einem Höchststand der öffentlichen Bautätigkeit.
Selbstredend wirkte sich das auch auf den Umsatz der HGC aus, der 1951 mit 80.2 Millionen Franken einen neuen Höhepunkt erzielte. Es folgten zwei schwächere Jahre. 1954 indessen musste ein noch nie dagewesenes Bauvolumen bewältigt werden, und die Verkäufe der HGC überschritten erstmals die 100-Millionen-Grenze.
1955 kam es zu einigen Engpässen auf dem Bindemittelmarkt. Obgleich im Jahre 1953 eine neue Zementfabrik in Eclépens/VD erstellt worden war und die Kapazität der Schweizerischen Zementindustrie sich in den letzten acht Jahren mehr als verdoppelt hatte, konnte der enorme Zementverbrauch für zivile Baustellen und der grosse Bedarf für Staumauern nicht mehr voll gedeckt werden.
Rückblickend treten die damit verbundenen Umtriebe für die HGC etwas in den Hintergrund. Denn im Jahre 1955 erlebte sie ihren eigenen Höhepunkt: die Verlegung des Hauptsitzes in das «Stauffacherhaus» am Stauffacherquai 46 in Zürich. Wie richtig sie 1954 mit dem Erwerb dieser Liegenschaft an guter Geschäftslage gehandelt hatte, wurde angesichts der in dieser Gegend von Jahr zu Jahr rasant steigenden Liegenschaftspreise immer deutlicher.
Das Jahr 1956 brachte eine weitere Zunahme des Bauvolumens um 17.5 Prozent. Dank massiver lmporte konnte der Zementbedarf nun wieder voll gedeckt werden. Die auf Ende des Jahres eingetretene Flut an Preiserhöhungen war kaum zu verkraften.
In früheren Jahren hatten die Hersteller von Baumaterialien einen wesentlichen Teil der regelmässig erhöhten Lohnkosten durch Rationalisierung und Mechanisierung kompensieren können. Doch diese Möglichkeiten waren nun weitgehend ausgeschöpft. Die Erhöhung der seit 1952 unverändert gebliebenen Backsteinpreise um zehn Prozent stellte das ganze Baugewerbe vor eine völlig neue Situation. Noch wusste man nicht, dass die folgenden Jahre mit weit massiveren Preiserhöhungen aufwarten würden und dass auch das Baugewerbe würde lernen müssen, mit der Inflation zu leben.
In den Jahren 1957/58 lag dann der Startpunkt zu einer stark wachsenden Geschäftsentwicklung der HGC, die – mit einem Einbruch in den Jahren 1965/67 – bis in den Sommer des Jahres 1973 anhalten sollte (dazu mehr in der nächsten Ausgabe).
Quelle: Jubiläumsschrift «75 Jahre Handelsgenossenschaft des Schweizerischen Baumeisterverbandes», Zürich 1974