Hochkonjunktur, die 68er sowie linker und rechter Terrorismus
Die nächste Jubiläumsausgabe erscheint Ende August. Darin geht es um die Jahre 1960 bis 1979. Während die Sowjetunion ihre Vasallenstaaten hinter dem «eisernen Vorhang» abschirmt (gefangen hält), verwandeln die USA den Westen in eine freie und demokratische Wohlstandsgesellschaft. Auch die Schweiz profitiert von der anhaltenden Hochkonjunktur und gedeiht wie noch nie zuvor. Dasselbe Bild zeigt sich auch bei der HGC: Allein zwischen 1960 und 1975 verdreifachen sich die Jahresumsätze noch einmal auf über eine halbe Millarde Franken.
Der Bau der Berliner Mauer 1961 und die anschliessende Errichtung des «eisernen Vorhangs» schneidet Ostdeutschland und den gesamten Ostblock komplett vom Westen ab. Die Entfremdung zwischen den politischen System wird immer grösser, und der Kalte Krieg führt die Menschheit in der «Kuba-Krise» 1963 erstmals an die Schwelle eines Atomkriegs.
Im gleichen Jahr wird in Dallas der US-amerikanische Präsident John F. Kennedy erschossen. Ein Riesenschock für die progressiven Kräfte in den USA und der gesamten westlichen Welt, die sich vom charismatischen Demokraten eine bessere und gerechtere Zukunft versprochen haben.
Obwohl bis heute unzählige Verschwörungstheorien in Umlauf sind, konnte auch nach dem Öffnen der Archive bis heute nicht geklärt werden, ob neben dem Attentäter Lee Harvey Oswald (der nur drei Tage nach dem Attentat vor laufenden Kameras von einem Nachtclub-Besitzer erschossen wurde) weitere Kräfte wie die CIA oder der KGB, Fidel Castro oder die Mafia beteiligt waren.
Der amerikanische Präsident John F. Kennedy (1917 bis 1963)
In den beiden Blöcken entwickeln sich ab den 1960er Jahren auch abseits der ideologischen Unvereinbarkeiten zwei völlig unterschiedliche Lebenswelten. Während im Osten planwirtschaftlich produziert wird, ist Westeuropa ökonomisch nach wie vor geprägt durch das «Wirtschaftswunder», wobei der neue Wohlstand zu grossen gesellschaftlichen und kulturellen Veränderungen führt.
In den USA wird die Rassentrennung aufgehoben, was vor allem im Süden des Landes zu Widerstand führt. Führende Vertreter der Bürgerrechtsbewegung werden ermordet (Malcolm X 1965 und Martin Luther King 1968). Auch Robert F. Kennedy wird, als er 1968 auf Wahlkampftour für die Nachfolge seines älteren Bruders John als US-Präsident ist, von einem Attentäter erschossen.
Der Wandel in der Gesellschaft manifestiert sich lautstark und farbenfroh in der Hippiebewegung und der Rock- und Pop-Musik. Damit einher geht die sexuelle Revolution (nicht zuletzt aufgrund der neuen Antibaby-Pille) und ein völlig neuer Umgang mit psychedelischen und bewusstseinsverändernden Rauschmitteln.
Die Jugend beginnt gegen den Vietnam-Krieg zu protestieren, zunächst in den USA und schon bald auch in der ganzen westlichen Welt. Aus diesen Protesten entwickelt sich die Studentenbewegung, die in Deutschland zusätzlich für eine Aufarbeitung der Nazi-Zeit demonstriert, was – nicht zuletzt wegen der vielen ehemaligen Nazis an den Schalthebeln der Macht (und der Justiz) – bis dahin fast gänzlich unterblieben ist.
Mit der ersten Mondlandung gewinnt die USA 1969 den Wettlauf im All.
Reste der Berliner Mauer bleiben als Mahnmal für das einst geteilte Europa stehen.
In technischer Hinsicht ist das Jahrzehnt geprägt durch den Wettlauf im All, den zunächst die Sowjets zu gewinnen scheinen, als es ihnen gelingt, erstmals einen Satelliten die Erde umrunden zu lassen (Sputnik). Schliesslich schaffen die Amerikaner mit ihrem Apollo-Programm als erste Nation eine bemannte Mondlandung, die weltweit live im Fernsehen übertragen wird.
In den 1970ern beruhigt sich die rebellierende Jugend etwas, ehe sie erneut Schwung aufnimmt, um im Discofieber um die Wette zu tanzen oder mit dem britischen Punk die Eltern noch mehr zu schockieren, als das bisher schon der Fall gewesen ist.
Der aufkommende Feminismus führt zu ersten öffentlichen Debatten über die gesellschaftliche Stellung der Frauen in der Gesellschaft und schlussendlich doch noch zum Frauenstimmrecht in der Schweiz, das erst 1971 bundesweit eingeführt wird. Die Ölkrise von 1973/74 führt der Welt erstmals die komplette Abhängigkeit vom Erdöl und den erdölfördernden Ländern vor Augen. Dieser Schock führt in der Schweiz unter anderem zum Bau von Atomkraftwerken.
Der britische Punk erschreckt das Establishment.
Gleichzeitig setzen Terroristen die Bevölkerung in Deutschland («Deutscher Herbst»), Italien («die bleiernen Jahre») und teils auch europaweit (die «Palästinensische Befreiungsorganisation PLO») in Angst und Schrecken.
Die Schweiz erlebt eine noch nie dagewesene Konjunktur, die den Zuzug von «billigen» ausländischen Arbeitskräften nötig macht. Der Anteil der ausländischen Wohnbevölkerung steigt zwischen 1960 und 1970 von 10 Prozent auf 17.5 Prozent an, wobei die Italiener die grösste Einwanderergruppe stellen.
Der Bundesrat versucht zwar, mit der Durchsetzung des bereits 1934 errichteten Saisonnierstatuts die dauerhafte Niederlassung der sogenannten «Gastarbeiter» zu verhindern, schafft damit jedoch nur soziale Härtefälle und behindert die rasche Integration der Migranten.
Die HGC erlebt in diesen Jahren einen ungeheuren Wachstumsschub, und ihre Umsätze explodieren allein zwischen 1960 bis zum Ölpreisschock von jährlich rund 150 Millionen auf weit über eine halbe Milliarde Franken. In diese Zeit fallen auch die ersten Akquisitionen von kleineren Mitbewerbern (Aldo Balmelli, Nuding Matériaux de Construction oder Calcetra). Mit dieser Strategie fasst man erstmals auch in Regionen Fuss, in denen die HGC bis dahin noch keine Rolle gespielt hat.