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Epilog

Das letzte Wort

Die Entwicklung der HGC in der Zwischenkriegszeit

Die unsichere wirtschaftliche Lage nach dem Ersten Weltkrieg hemmte die Bautätigkeit in der Schweiz stark. Ausserdem durchlebte der SBV eine schwere Krise und konnte nur durch Notverkäufe der HGC vor dem Ruin gerettet werden. Als sich die Bauwirtschaft Mitte der 1920er-Jahre langsam zu erholen begann, folgte ein erbitterter Preiskampf unter den Anbietern. Dieser eskalierte 1928 mit der Gründung von zwei «wilden» Zementfabriken, die mit ihren Dumpingpreisen den Schweizer Zementkrieg auslösten und die Auswirkungen der Weltwirtschaftskrise noch verstärkten. 1939 beendete der Zweite Weltkrieg alle Hoffnung auf eine bessere nahe Zukunft.

Trotz der allgemein angespannten und unsicheren wirtschaftlichen Lage hatte sich die HGC schon am Ende des Ersten Weltkriegs auf ihre sozialen Verpflichtungen besonnen, als sie 1918 mit einem Anfangskapital von 30'000 Franken einen Kranken-, Alters- und Invalidenfonds für das Personal gegründet hatte (aus dem sich später die heutige Pensionskasse der HGC entwickeln sollte). 

Das Kriegsende und die Demobilisierung der Milizen im November 1918 hatten sich leider alles andere als beruhigend auf das Baugewerbe ausgewirkt. Wegen der Steigerung der Baukosten um rund 200 Prozent im Laufe des Kriegs war der Wohnungsbau trotz empfindlicher Wohnungsnot in den Städten praktisch ganz zum Erliegen gekommen. Ausserdem hatte von 1918 bis 1920 die Spanische Grippe gewütet, die weltweit zwischen 25 und 50 Millionen Todesopfer gefordert hatte und der in der Schweiz knapp 25'000 Menschen zum Opfer fielen. Dies alles hatte die allgemeine Verunsicherung noch verstärkt.

Umsatzsteigerung im Ersten Weltkrieg

All diesen Widrigkeiten zum Trotz hatte sich der Jahresumsatz der HGC während der vier Kriegsjahre von anfänglich 6 auf fast 14 Millionen Franken mehr als verdoppelt, wobei das zweite Kriegsjahr noch einen grossen Einbruch aufgewiesen hatte und der grosse Umsatzsprung erst auf das Jahr 1918 erfolgt war. Dieses hatte gegenüber 1917 mit einem Plus von nicht weniger als 6.5 Millionen Franken aufgetrumpft.

In der Endphase des Krieges hatte der SBV im Zusammenhang mit Barackenlieferungen nach Frankreich und Italien bedeutende Verluste erlitten. Sein Vermögen sank 1920 auf den Nullpunkt.

Die wirtschaftlich unsichere Lage nach dem Ersten Weltkrieg hemmte auch 1920 die Bautätigkeit in der Schweiz. Die HGC leistete zwar auch in diesem Jahr wieder eine bedeutende Zuwendung an den Berufsverband (SBV), dessen Streikkasse infolge Arbeitsniederlegung durch 10'000 Bauarbeiter zur Unterstützung der bestreikten Mitglieder empfindlich beansprucht worden war.

Doch was viel schwerer wog, war der Umstand, dass der Schweizer Baumeisterverband gleichzeitig eine schwere innere Krise durchlebte: In der Endphase des Krieges hatte der Verband im Zusammenhang mit Barackenlieferungen nach Frankreich und Italien bedeutende Verluste erlitten. Das Vermögen, mit dem er zu haften hatte, sank auf den Nullpunkt. Die HGC verkaufte Liegenschaften und Wertpapiere, um mit deren Erlös dem SBV aus der Notlage zu helfen. Das war nur möglich, weil der Umsatz nach Kriegsende noch einmal angestiegen war, und zwar auf über 24 Millionen Franken Ende 1920.

Ein Preiskampf sondergleichen

Nach diesem «Zwischenhoch», das vor allem auf eine plötzliche Verbilligung der Baumaterialien zurückzuführen war, die sich auch günstig auf die Baupreise auswirkte, ging die Bautätigkeit in einem noch nicht gekannten Umfang weiter zurück. Der Umsatz sank dementsprechend um fast 7.5 Millionen Franken im Jahr 1921.

Wohl brachten die nächsten Jahre endlich wieder eine lebhaftere Bautätigkeit – vor allem im Wohnungsbau. Die weiterhin sinkenden Baupreise lösten nun aber ein eigentliches Wettrennen um die billigsten Preise aus. Obgleich genügend bittere Erfahrungen gemacht wurden, liessen sich viele Baumeister zur Sicherung von Aufträgen durch Mitbeteiligung auf gewagte Spekulationen ein. Auch das Aufrechterhalten einer minimalen Preisordnung – die wesentliche Zielsetzung der HGC – wurde bedenklich erschwert und wegen des Unverständnisses in Fabrikanten- und Konkurrenzorganisationen nachgerade in Frage gestellt.

Dass sich trotz dieser unerfreulichen Zustände die Umsätze der HGC von 20.8 Millionen Franken im Jahr 1925 auf 23.4 Millionen im Jahr 1926 und 26.7 Millionen im Jahr 1927 vermehren konnten, war zu einem grossen Teil auf den 1926 erfolgten Beitritt von 94 Mitgliedern der aufgelösten «Gesellschaft schweizerischer Bauunternehmer» zurückzuführen. Diese Gesellschaft war 1922 von abtrünnigen Mitgliedern des SBV gegründet worden, nachdem es dort zu Meinungsverschiedenheiten über die Massnahmen zur Ordnung des Konkurrenzwesens gekommen war. 

Der Zementkrieg bricht aus

Die Errichtung zweier «wilder» Zementfabriken im Jahr 1928 löste innerhalb der Bindemittelindustrie einen heftigen Preiskampf aus. Mit einem Rückgang von 40 Prozent erreichten die Preise nach zwei Jahren ihren Tiefstand. Bemühend war es, feststellen zu müssen, dass die nach langjährigen Anstrengungen erzielte Besserstellung des Unternehmers infolge direkter Verkäufe der Outsider-Fabriken nicht nur dahingefallen war, sondern in vielen Fällen auch die direkte Lieferung des Zements an den Bauherrn gefördert wurde.

So erstaunt es nicht weiter, dass auch der Umsatz der HGC zurückging, und zwar von 36.6 Millionen Franken im Jahr 1929 auf 31.3 Millionen im Jahr 1930. Daran hatten natürlich auch der Börsencrash in New York vom 1. Oktober 1929 und die sich in der Folge flächendeckende Ausbreitung der Weltwirtschaftskrise massgeblichen Anteil.

Die Konkurrenz im Baugewerbe wurde 1931 immer schrankenloser und trieb die seltsamsten Blüten, wobei spekulative Elemente die Unsicherheit noch vermehrten.

Ende 1931 konnte der «Zementkrieg» endlich beigelegt werden, und damit traten wieder Ruhe und Ordnung auf dem Bindemittelmarkt ein.

Die weltweite Wirtschaftskrise wirkte sich jedoch auch hierzulande immer stärker aus. 1932 wurde davon besonders der Wohnungsbau betroffen, vor allem in Orten, in denen die Spekulation Überhand genommen hatte. 1933 zeigten auch die Industrie und die Landwirtschaft kaum mehr eine Baulust. Im Tiefbaugewerbe fehlten die grossen Arbeiten, und unangenehm bemerkbar machten sich die Regiebetriebe der öffentlichen Hand.

Bautätigkeit bricht in kurzer Zeit um ein Drittel ein

Die Lage verschlimmerte sich von Monat zu Monat, und im Jahr 1935 ging die Bautätigkeit um ein volles Drittel zurück. Dementsprechend stürzte auch der Umsatz der HGC von 27.7 Millionen Franken per 1934 auf 18.4 Millionen im Jahr 1935 regelrecht ab. Ein ganz erheblicher Absatzrückgang war insbesondere bei den im Wohnungsbau verwendeten Materialien zu verzeichnen. Aufgrund dieser Entwicklung sah sich die HGC in ihrem Jahresbericht von 1935 zu einem Aufruf veranlasst:

«Bei dieser Situation müssen wir die Mitglieder bitten, uns auch kleine Bestellungen und solche von Nebenartikeln zuzuhalten.»

Aufruf der HGC an ihre Mitglieder, 1935

1936 ging die Bautätigkeit abermals um 30 Prozent zurück. Der Hauptanteil der Beschäftigung fiel auf das naturgemäss für die Ausführung von Notstandsarbeiten besonders geeignete Tiefbaugewerbe. Gänzlich am Boden lag der Wohnungsbau. Davon wurde auch die Backsteinindustrie empfindlich berührt.

Der Umsatz der HGC bewegte sich bei einem Stand von 1'689 Mitgliedern mit 14.8 Millionen Franken weiter nach unten, im Verhältnis jedoch weniger ausgeprägt als im Baugewerbe. Mit Genugtuung wurde im Jahresbericht vermerkt:

«Wir dürfen daraus schliessen, das unsere Mitglieder die Treue zur Handelsgenossenschaft bewahrt haben.»

Zitat aus dem Jahresbericht 1936

Allerdings waren die Gewinnmargen derart klein, dass die Rückvergütung auf 4 Prozent gesenkt werden musste.

Dank dem initiativen Vorgehen des Schweizerischen Baumeisterverbandes brachten die Subventionen eine bescheidene Belebung, wodurch ein weiteres Abgleiten aufgehalten werden konnte.

Der Ausbruch des Zweiten Weltkriegs

Am 1. September 1939 überfiel Hitlerdeutschland Polen und löste damit den Zweiten Weltkrieg aus. Die allgemeine Mobilmachung noch im selben Monat unterbrach die Bautätigkeit, die sich 1937 und 1938 dank Massnahmen zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit sowie der baulichen Vorkehrungen für die Landesverteidigung wieder etwas erholt hatte. Der Rückschlag traf die HGC diesmal jedoch nicht unvorbereitet. Die vergangenen Krisenjahre hatten sie gezwungen, überall nach Einsparungen und Betriebsverbesserungen zu suchen. 

Obgleich ein beträchtlicher Teil der Angestellten einrücken musste und fast der ganze Wagenpark für militärische Zwecke requiriert wurde, konnte der Betrieb bis zur zweiten allgemeinen Mobilmachung vom 10. Mai 1940 noch ohne wesentliche Störungen weitergeführt werden. Die Einschränkungen im Treibstoffverbrauch erschwerten allerdings recht bald die Belieferung der Mitglieder und die persönlichen Kundenbesuche. Wie sich die HGC während der weiteren Kriegsjahre und danach entwickelte, beleuchten wir in der nächsten Jubiläumsausgabe.

Weitere Themen

Verwaltungssitze
Die Direktion der HGC hatte nach ihrer Gründung mehrere Geschäftsstellen in der Stadt Zürich: Das erste Domizil befand sich von 1899 bis 1904 an der Usteristrasse 6 (wo heute der Globus steht). Die zweite Direktionsadresse war von 1905 bis 1906 an der Werdmühlegasse 17, die dritte befand sich von 1907 bis 1916 an der Seidengasse 13 und die vierte von 1917 bis 1921 an der Börsenstrasse 16. 1921 erfolgte der Umzug an die Beethovenstrasse (die Hausnummer kann den archivierten Dokumenten leider nicht entnommen werden), wo man bis 1949 blieb.

Präsidenten
Ab ihrer Gründung hatte die Genossenschaft bis zum Ausbruch des Zweiten Weltkriegs vier Verwaltungsratspräsidenten: Alois Steinbrunner aus Zürich (1899 und 1900), Otto von Tobel, ebenfalls aus Zürich (1901 bis 1908), Johann Landis aus Zug (1908 bis 1920) und Dr. Gion Luregn Gagianut wieder aus Zürich (1921 bis 1941).

Direktoren & Niederlassungen
Nachdem der erste Geschäftsführer, der Zürcher Baumeister Hans Widmer, von 1900 bis 1919 von Zürich aus die operativen Geschicke der Genossenschaft Baumaterialienfabrik Giesshübel und späteren Handelsgenossenschaft des Schweizerischen Baumeisterverbandes geleitet hatte, wurden 1920 mit Ernst Teuscher und Emanuel Faesch zwei Co-Direktoren berufen. Teuscher leitete bis 1935 die Region Bern, die damals aus den Standorten Bern (seit 1911 Nachfolgestandort für das 1905 errichtete erste externe Depot in Ostermundigen), Lausanne (ab 1921), Biel (ab 1923), Carouge (ab 1926) und Genf (ab 1930) bestand. Faesch war bis zum Ausscheiden Teuschers im Jahr 1935 Direktor der Region Zürich und damit für die Standorte Zürich, Luzern (ab 1921), St. Gallen (ab 1924), Basel (ab 1932) und die Tessiner Filiale in Bellinzona (ab 1924) verantwortlich. Ab 1935 war Emanuel Faesch wieder alleine für die ganze Schweiz verantwortlich. Unter seiner Ägide, die bis 1949 dauerte, kam noch der Standort Martigny (ab 1948) hinzu.