Obwohl Beton als Material sehr modern wirkt, kennen die Menschen diesen Baustoff schon seit rund 14’000 Jahren. Das Gemisch besteht generell aus Sand, Kies, Zement, Wasser und weiteren Zusätzen. Nach dem Vorbild von Nagelfluh, das auch als «Naturbeton» bezeichnet wird, nutzten Handwerker im Osmanischen Reich Beton für das Vermauern von Ziegelsteinen. Ausserdem wurden in Israel, Serbien und China mit Kalkmörtel verfestigte Bodenbeläge aus vorchristlicher Zeit entdeckt. Eine systematische Verklebung von Steinen und Sand zu neuen Bauteilen mit hohen Druckfestigkeiten wurde jedoch erst in der Antike von den alten Römern entwickelt.
Nachdem der Baustoff für lange Zeit in der Versenkung verschwunden war, lebte seine Nutzung im 18. Jahrhundert wieder auf und wurde durch die kontinuierliche Weiterentwicklung und Verbesserung als Baumaterial immer beliebter. Die Herkunft des Wortes Beton ist bis heute nicht eindeutig geklärt. Die älteste schriftliche Überlieferung stammt aus dem Jahr 1753, als der französische Ingenieur Bernard Forest de Bélidor ein Gemisch aus wasserbeständigem Mörtel und grober Gesteinskörnung beschrieb und dieses als «béton» bezeichnete.
Das Baumaterial Beton ist insbesondere aus statischer und bauphysikalischer Sicht attraktiv und vereint zusätzliche Vorteile. So punktet es nicht nur mit besonderer Stabilität und Druckfestigkeit, sondern lässt sich ebenso flexibel und unkompliziert anwenden. Die Materialmischung wird flüssig in eine gewünschte Form gegossen und muss lediglich aushärten. Zudem ist das Material nur schwer entflammbar – es hält Temperaturen von bis zu 1'000 Grad Celsius stand. Auch die schallisolierende Eigenschaft ist ein grosser Pluspunkt. Beton hat aber auch eine grosse Schwachstelle: seine geringe Zugfestigkeit.
Da kam die «Erfindung» des Stahlbetons in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts gerade recht. Als Geburtsstunde dieses revolutionären Baumaterials wird häufig das Jahr 1867 angegeben. Damals erhielt ein französischer Gärtner und Bauunternehmer namens Joseph Monier ein Patent auf seine Pflanzkästen, die er an herrschaftliche Gärten für den Transport von Orangenbäumchen verkaufte. Diese Gebinde waren aus bewehrtem, das heisst im Inneren mit einem Drahtgeflecht versehenem Beton gefertigt worden. Von Monier stammt auch der alte deutsche Fachbegriff für Bewehrungsstahl, «Moniereisen».
Monier war allerdings nicht alleine mit seinem Erfindungsgeist: Einige Jahre zuvor hatte bereits der französische Adelige Joseph-Louis Lambot 1855 ein ähnliches Patent zur Herstellung von Booten angemeldet. Dem Stahlbeton zum grossen Durchbruch verhalf jedoch der französische Bauingenieur und Bauunternehmer François Hennebique, mit dessen «System Hennebique» ab 1890 tausende Stahlbetonbauten errichtet wurden (siehe Textkasten).
Der Erfolg des Stahlbetons beruht in erster Linie darauf, dass er ein Verbundwerkstoff aus Beton und Bewehrungsstahl ist. Bei der Herstellung von Stahlbeton werden beide Bestandteile mit Zement verklebt. Dazu wird der Stahl in die Betonschalung eingebaut und mit Beton vergossen. Aufgrund der gerippten Oberfläche des Bewehrungsstahls und dem Einsatz von Zement verbinden sich die Komponenten perfekt.
Da das Dehnungsverhalten von Stahl und Beton etwa gleich gross ist, kann ein vollkommener Verbund entstehen, aus dem ein stabiler Baustoff entsteht. Während der Beton eine Zugfestigkeit von nur 10 Prozent hat, ist diese beim Stahl wesentlich höher. Stahl jedoch ist von Korrosion gefährdet. Somit gehen die beiden Komponenten eine wirkungsvolle Verbindung, um nicht zu sagen eine perfekte Symbiose ein:
Durch den Beton ist der Stahl vor Korrosion geschützt, und die Zugfestigkeit des Betons wird durch den Stahl ausgeglichen. Die Druckbeanspruchung wiederum wird durch den Beton aufgenommen, da dieser eine hohe Druckfestigkeit hat. Somit unterscheidet sich Stahlbeton in wesentlichen Aspekten von herkömmlichem Beton.
Der Einsatz von Stahlbeton statt des unbewehrten Betons ist immer dann notwendig, wenn in einem Bauteil Zugspannungen auftreten, die zu einem schlagartigen Versagen der Gesamttragfähigkeit führen könnten. Im Vergleich zu anderen Baustoffen wie Stahl, Holz oder Kunststoff ist seine Anwendung immer dann sinnvoll, wenn keine filigranen und leichten Tragstrukturen notwendig sind. Wie der Einsatz beim Bau von Bunkern zeigt, ist Stahlbeton bei ausreichenden Abmessungen auch für extreme Einwirkungen geeignet. Vorteilhaft sind insbesondere auch die Nichtbrennbarkeit und der hohe Feuerwiderstand.
Grenzen bei der Benutzung von Stahlbeton ergeben sich aus dem hohen Eigengewicht, das als tote Last die erforderliche Betonstahlmenge vergrössert und bei schlanken Konstruktionen infolge der Rissbildung zu grossen Verformungen führt. In diesen Fällen ist der Einsatz einer Verbundkonstruktion oder von Spannbeton geeigneter.
Spannbeton ist eine Variante des Stahlbetons. Dieser unterscheidet sich vom Stahlbeton durch eine planmässige Vorspannung (= Vordehnung) der Stahleinlagen. Damit wird eine zusätzliche äussere Drucklängskraft aufgebracht, wodurch die Zugspannungen überdrückt werden und eine Rissbildung und damit die Bauteilverformung stark reduziert wird.
Deshalb kommt Spannbeton bei grossvolumigen Bauten wie Hochhäusern, Brücken, HP-Schalen (und auch dünnen, schlanken Betonschalen) sowie beim Bau von Decken, Balken und Bodenplatten zur Anwendung.
Das Verfahren zur Herstellung von Spannbeton ist wesentlich komplexer und aufwändiger als für «normalen» Stahlbeton, da der Bewehrungsstahl im unbelasteten Zustand unter Spannung gesetzt und auf diese Weise vorgedreht wird. So entsteht eine Kraft, die den Beton regelrecht zusammendrückt. Daher hat der Spannbeton noch stärkere Eigenschaften als der herkömmliche Stahlbeton.
Beton kommt nicht nur im Hoch- und Tiefbau, sondern immer häufiger auch in der Raumgestaltung an Wänden und Böden sowie beim Möbeldesign zum Einsatz. Betonwände geben Räumen einen minimalistischen, coolen Look. Zudem sind sie vielseitig kombinierbar. Wer beispielsweise ordentliche, kühl wirkende Räume mit Struktur mag, kombiniert Beton mit Glas und Stahl oder anderen glatten Oberflächen. Holz und andere natürliche Materialien ergänzen Betonwände für eine natürliche, warme Raumatmosphäre. Bunte Farbelemente oder raue Flächen machen Innenräume ebenso gemütlich. Als Alternative zu gegossenen Betonwänden gibt es auch Fliesen in Betonoptik.
Das Baumaterial Beton hat, in welcher Machart auch immer, ein grosses Manko: Es ist wenig nachhaltig, da während der Herstellung von einer Tonne Zement zirka 700 Kilogramm des Treibhausgases Kohlendioxid in die Luft steigen. So ist die Zementindustrie für rund 6 Prozent der globalen CO2-Emissionen verantwortlich.
Ändern liesse sich das ohne grösseren Aufwand nur zu einem Drittel. Denn dieses Drittel ist der Energieanteil, der mit sauberem (aus Wasser-, Wind- und Solarkraft gewonnen) Strom betrieben werden kann. Die restlichen zwei Drittel der CO2-Emissionen entstehen durch chemische Reaktionen.
Aus diesem Grund erforscht die Industrie mögliche Beton-Alternativen. Einige innovative Lösungsansätze gibt es bereits, sie müssen aber zuerst eine Reihe von Testphasen durchlaufen, ehe sie zur Herstellung genutzt werden dürfen. Hierzu zählen beispielsweise Lebensmittelreste, aus denen Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen bruchfeste Baumaterialien als Beton-Alternativen erschaffen. Aus industriellen Nebenprodukten wie beispielsweise Reishülsen oder Silikatstaub kann ebenfalls ein Baustoff entstehen, der Ressourcen schont: der Geopolymerbeton.
Auch Hanf ist, als Grundlage für Hanfbeton beziehungsweise Hanfkalk verwendet, ein vielversprechender Kandidat. Damit gestalten Designerinnen und Designer bereits heute Einrichtungsgegenstände, die zu 100 Prozent recycelbar sind. Ein anderer Ansatz experimentiert mit den Wurzelsystemen von Pilzen. Ein italienisches Unternehmen testet diese Beton-Alternative vor allem für Innenräume in Form von Bodenfliesen. Ein Designstudio aus Deutschland erstellt ein Materialgemisch aus Recycling-Kork sowie Bambusfasern und Beton. Bei diesen Verbundwerkstoffen wird viel weniger Beton als bei herkömmlichen Prozessen verwendet.
Eine weitere Innovation kommt aus Kanada. Dort hat ein Unternehmen ein Verfahren entwickelt, das die CO2-Emissionen während der Herstellung reduziert. Ein chemischer Prozess sorgt dafür, dass CO2 aus der Atmosphäre zunächst aufgenommen und dann in ein Nano-Mineral umgewandelt und anschliessend im Beton mitverarbeitet wird. Ein Kreislauf, der gleich zwei Vorteile hat: Er reduziert die CO2-Emissionen und senkt gleichzeitig den CO2-Anteil in der Atmosphäre.
Trotz all dieser innovativen Ansätze bleiben Beton und Stahlbeton unverzichtbare Baustoffe. Das zeigt sich allein anhand der Volumen, die noch immer verbaut werden. 2019 betrug der Anteil von Beton, Zement und Bewehrungsstahl an der Gesamtheit der in der Schweiz verbauten Baumaterialien laut einer Studie des Schweizerischen Baumeisterverbandes 91.4 Prozent. Wichtigster Baustoff war dabei mit Abstand Beton mit einem Verbrauch von jährlich 16 Millionen Kubikmetern und einem Anteil von 82.3 Prozent am Gesamtvolumen.
Nimmt man aussagekräftigere Vergleichszahlen aus Deutschland hinzu, wo Stahlbeton mit über 100 Millionen verbauten Kubikmetern pro Jahr der wichtigste Baustoff des Landes ist und jährlich 12 Prozent der deutschen Stahlproduktion zu 6 Millionen Tonnen Bewehrungsstahl verarbeitet werden (Schweiz 0.14 Mio. m3), kann davon ausgegangen werden, dass Stahlbeton auch hierzulande der am meisten verwendete Baustoff ist. Und das wird in näherer Zukunft auch so bleiben.
Quellen: Schweizerischer Baumeisterverband SBV, imm cologne / KölnMesse, Wikipedia